Die Speicherstadt im Herzen Hamburgs: Moderne Vielfalt in historischem Gewand
Im Abendlicht strahlende Backsteinbauten, deren Silhouetten sich im Kanalwasser spiegeln, durchzogen von alten Zollbrücken, die von einer Häuserreihe zur nächsten führen: die Speicherstadt ist eines der Wahrzeichen Hamburgs, das wirklich von seiner Vergangenheit als Freie Handelsstadt zeugt. Um die Wende zum 19. Jahrhundert auf einer Länge von etwa 1,5 Kilometern errichtet, liegt der Komplex nördlich der neuen HafenCity im Süden der Altstadt, zentral und problemlos mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.
Es ist schlicht beeindruckend, wie die traditionellen Lagerhäuser einer Mauer gleich in den Himmel ragen, während ihr Fundament auf unzähligen Eichenpfählen stabil im Wasser thront. Damals im neugotischen Stil erbaut, sind die Fassaden bis heute weitestgehend unversehrt geblieben und geben dadurch einen hautnahen Einblick in die Geschichte Hamburgs. Einst brachten Schiffe aus allen Teilen der Welt ihre Waren in die Speicherstadt, konnten auf der Fleet-Seite der Häuser bequem anlegen und abladen. Auf den meist fünf Stockwerken wurden nebst allerlei Gewürzen vor allem Stückgüter wie Kaffee oder Tee untergebracht, für die zwischen Backsteinen und Holzfußböden ausgezeichnete Lagerbedingungen geschaffen waren.
Vom Handelsviertel zur Attraktion
Doch auch heute stehen die Räume nicht leer, ganz im Gegenteil. Wenngleich der eigentliche Schiffshandel weiter zu den Containern gezogen ist, siedelten sich hier in den letzten Jahren insbesondere Teppichhändler an, deren Sortiment es vor Ort zu bestaunen gilt. Noch näher an den historischen Wurzeln blieb man dagegen auf der inmitten des Kanals gelegenen Halbinsel, an dessen Spitze sich das seit jeher auf Fotomotiven beliebte Wasserschloss zu einem Fachhandel für Teesorten jeglicher Art (inklusive Gastronomie) entwickelt hat. Eine Straßenecke weiter in der ehemaligen Kaffeeklappe, einem kleinen, alleinstehenden Gebäude, wo einst die Hafenarbeiter einfaches Essen bekamen, sitzt nun das Fleetschlösschen, ein gut besuchtes Café mit Ausblick. Mehr über die Gegend erfährt man im Grunde bloß in einem der zahlreichen Museen. In Spicy’s Gewürzmuseum zum Beispiel kann man mit allen Sinnen in die Welt der Gewürze eintauchen, im Deutschen Zollmuseum oder dem hauseigenen Speicherstadtmuseum interessante Ausstellungen erkunden. Kein Wunder also, dass der Bezirk zusammen mit dem anliegenden Kontorhausviertel vor wenigen Jahren zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben wurde.
Ein Touristenmagnet
Vom Geheimtipp zum eigentlichen Highlight hat sich jedoch das Miniatur Wunderland gemausert. Die weltweit größte Modeleisenbahnanlage ist ein Muss für Familien und so ziemlich jeden, der sich in den detailverliebten Landschaften verlieren kann. Fuhren die Züge anfangs nur über deutsche Gleise, sind sie mittlerweile sehr international unterwegs und durchqueren sowohl die Alpen als auch Skandinavien und die USA. Der Stadt Hamburg wurde natürlich ein eigener Abschnitt gewidmet, samt HafenCity und Elbphilharmonie, die in Wirklichkeit lediglich einen kurzen Fußmarsch entfernt liegt. Wer zusätzliche Aufregung sucht, kann sich direkt durch die nächste Tür in das Hamburg Dungeon wagen, einer geschichtlichen Geisterbahn, die unerschrockene Besucher zurück in dunkle Zeiten führt … Denn die Speicherstadt bietet weit mehr, als auf den ersten Blick scheint und steckt voller Überraschungen.
Der backsteinerne Gebäudekomplex gilt als der größte Lagerhaus-Stadtteil der Welt, der komplett im sumpfigen Untergrund auf Eichenpfählen gegründet worden ist. Alle hier befindlichen Gebäude und Gebäudekomplexe stehen unter Denkmalschutz. Mit dem Bau der Anlage, die als Teil des Hamburger Freihafens geplant war, wurde im Jahre 1883 begonnen. Der erste fertiggestellte Bauabschnitt konnte 1888 übergeben werden. Die bebaute und von insgesamt 6 Fleeten durchzogene Fläche umfasst 26 Hektar. Vor Baubeginn mussten zunächst einige Wohnviertel auf den Elbinseln Kehr wieder und Wandrahm abgerissen werden. Ungefähr 20.000 Einwohner wurden seinerzeit zwangsweise umgesiedelt. Etwa 1.100 Häuser wurden abgerissen, um Baufreiheit für die Speicherstadt zu schaffen. 1888 legte Kaiser Wilhelm II. den Schlussstein der Gebäude, die im Jahre 1914, unmittelbar vor Beginn des Ersten Weltkrieges, beendet werden konnten. Im Zweiten Weltkrieg wurden durch Bombenangriffe etwa 50 Prozent der Gebäude der Speicherstadt zerstört. Diese wurden bis 1967 originalgetreu wieder hergestellt. Seit 2004 liegt die Speicherstadt nunmehr außerhalb des Freihafens. Heute ist die Anlage Teil der HafenCity, in der zahlreiche Museen, das Hamburger Dungeon, eine Redaktion und die Hafenbehörde ihren Sitz haben.
Web:
http://www.speicherstadtmuseum.de.
Adresse:
Am Sandtorkai 36, 20457 Hamburg.